Nachhaltigkeit

Regionale Vermarktung – Grundlage für Kundennähe und Dialog

Für eine ganze Reihe landwirtschaftlicher Betriebe eröffnen die regionale bzw. die Direktvermarktung wertvolle Möglichkeiten, nicht nur mit den erzeugten Produkten eine höhere Wertschöpfung zu erreichen, sondern auch mit den Verbrauchern in Dialog zu treten. Das beginnt mit Eier- und Milchautomaten, führt über die Beschickung von Wochenmärkten bis hin zum eigenen Hofladen – und in manchen Fällen noch darüber hinaus. Das Direktvermarktungskonzept von Familie Hielscher im nordrhein-westfälischen Witzhelden ist besonders umfassend. DIALOG MILCH hat sich dort einmal umgesehen.

Vor rund 30 Jahren entschieden sich die Milchkuhhalter Bernd und Ute Hielscher, einen Teil der erzeugten Milch über eine eigene Käserei zu veredeln und regional direkt zu vermarkten. Dadurch liegt die Wertschöpfung aus der Milcherzeugung in der eigenen Hand. Außerdem ergeben sich zahlreiche Gelegenheiten, mit dem Kunden ins Gespräch zu kommen, Fragen zu beantworten, auf Kundenwünsche einzugehen und ein realistisches Bild der modernen Milchkuhhaltung zu vermitteln. Aus den ersten Ursprüngen ist heute mit Käserei, Hofladen, Direktbelieferung von Cafés und anderen Hofläden sowie einem eigenen Hofrestaurant eine ebenso umfassende wie professionelle Direktvermarktung entstanden.


Isabelle und Ute Hielscher im Käselager der Hofkäserei

Witzheldener Bauernkäse von Familie Hielscher hat sich einen richtig guten Ruf erworben. Der Verkauf erfolgt heute sowohl in dem eigenen Hofladen der Familie als auch an andere Direktvermarkter im Raum Bonn, Köln, Düsseldorf und Wuppertal. Ein weiterer Teil der Milch der insgesamt 220 Milchkühe wird seit Jahren nach der Pasteurisierung (eine kurzzeitige Erhitzung) mehrfach pro Woche mit dem Milchmobil des Betriebs an Cafés in Köln und Düsseldorf ausgeliefert. Vom Frühjahr bis in den Herbst stellt die Familie selbst frisches Milchspeiseeis her, das im Hofladen verkauft wird. Direkt neben dem Hofladen lädt auch das Hofrestaurant Rusticus mit einer ansprechenden Speisekarte zu gutem Essen ein. Schnittkäse wird auf Bestellung auch postalisch versandt. Die restliche Milch, die nicht in die Direktvermarktung geht, wird an eine Molkerei geliefert.
 

Top gelegen

Die günstige Verkehrslage führt dazu, dass neben vielen treuen Stammkunden immer wieder auch neue Kunden den Weg zum Hofladen der Hielschers finden. Und nicht nur das; viele Besucher fragen nach, haben Interesse und freuen sich über Erklärungen, warum Dinge so oder so gehandhabt werden. Das fällt bei der Familie auf sehr fruchtbaren Boden: „Wann immer möglich nehmen wir uns die Zeit, unseren Stall zu zeigen und Fragen zu beantworten. Wir könnten inzwischen fast eine Person nur für diese Besucherbetreuung einstellen, so groß ist das Interesse, gerade auch bei Familien mit Kindern. Das damit wachsende Vertrauensverhältnis zu den Kunden ist uns wichtig“, erzählt Isabelle Hielscher, die 24-jährige Tochter der Familie, die nach dem Studium der Agrarwissenschaften in Bonn inzwischen die Verantwortung für die Kühe, das Melken und den Stall übernommen hat (vgl. Interview).


Auch selbstgemachtes Milchspeiseeis gehört dazu.


Bürokratie und Mitarbeiter


Der Hofladen bietet ein ansprechendes Sortiment, das mit Produkten anderer Direktvermarkter ergänzt wird.

Das sind laut Ute Hielscher zwei der Hürden, die für einen erfolgreichen Betrieb von Käserei, Hofladen und Hofgaststätte zu bewältigen sind. „Einerseits wachsen die Anforderungen seitens der Veterinärbehörden, andererseits ist es mitunter sehr schwierig, verlässliche und engagierte Mitarbeiter zu finden.“

Und Tochter Isabelle ergänzt: „Kontrollen sind gut – und für sichere Lebensmittel auch unverzichtbar. Die dabei stetig steigenden Anforderungen sind mitunter allerdings mehr als stressig.“ Mit einem Lächeln ergänzt sie: „Auch wenn wir uns mit immer mehr Bürokratie konfrontiert sehen, lassen wir uns davon keineswegs entmutigen.“

Nachgefragt bei Isabelle Hielscher

DIALOG MILCH: Frau Hielscher, mit 24 Jahren verantworten Sie die komplette Milchkuhhaltung auf dem elterlichen Betrieb. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu den Tieren beschreiben?

Isabelle Hielscher: Ich bin auf dem Betrieb und mit den Tieren groß geworden und könnte mir keinen schöneren Beruf vorstellen. Der Umgang mit dem Tier prägt den Alltag, ist Beruf und Hobby zugleich. Das ist natürlich eine große Verantwortung, aber mit meinen Eltern habe ich die denkbar beste Unterstützung. [Und lächelnd:] Besucher wundern sich immer, dass ich jede einzelne unserer Kühe erkenne und ihren Namen weiß. Das kommt bei diesem intensiven täglichen Umgang automatisch.


Schwört auf Weidehaltung und kennt jede Kuh beim Namen: Isabelle Hielscher


Mit dem Milchmobil werden andere Hofläden sowie Cafés in Köln und Düsseldorf beliefert.

 

DIALOG MILCH: Sie setzen konsequent auf Weidehaltung. Warum?


Die Kunden schätzen den freien Zugang der Tiere zur Weide.

Isabelle Hielscher: Die tägliche Auslaufmöglichkeit auf die Weide, die unsere Kühe von Frühjahr bis Herbst nutzen können, bringt gewisse Einbußen bei der Milchleistung mit sich, denn das Weidefutter reicht nicht für Höchstleistungen. Wir sind aber von der Weidehaltung überzeugt, weil sie den Tieren Freiräume und Bewegungsmöglichkeiten bietet, der Tiergesundheit und dem Tierwohl dient, und darüber hinaus auch den Wünschen und Erwartungen unserer Kunden entspricht.

 

DIALOG MILCH: Wie wichtig ist Ihnen persönlich der Kontakt zu den Kunden?

Isabelle Hielscher: Gerade, wenn Eltern mit ihren Kindern in den Hofladen kommen und dann die Tiere sehen wollen, nehme ich mir besonders gerne die Zeit, um Stall und Weide zu zeigen und Fragen zu beantworten. Unsere Direktvermarktung bietet eine wertvolle Chance, Nähe und Vertrauen zu den Verbrauchern zu schaffen – und das ist mit Blick auf die heranwachsende Generation besonders wichtig.

DIALOG MILCH: Setzen Sie neben dem persönlichen Kontakt auch auf die sozialen Medien?

Isabelle Hielscher: Mit viel Freude! Ich betreibe einen Instagram Account (@hielscherhof), dem inzwischen fast 6.000 Menschen folgen. Hier kann ich den direkten Draht aufrechterhalten, wichtige oder auch einfach nur sympathische Infos vermitteln und Bilder aus der praktischen Landwirtschaft zeigen. Das kommt bei vielen Followern sehr gut an. Ich nutze diesen Kanal aber auch für den Austausch mit Berufskollegen und habe so einen doppelten Nutzen.


Unter „hielscherhof“ ist Isabelle Hielscher auch bei Instagram aktiv

DIALOG MILCH: Wie sehen Sie den Betrieb Hielscher für die Zukunft gerüstet?

Isabelle Hielscher: Gerne würden wir zukünftig noch mehr Bullenkälber selbst aufziehen und das Fleisch in größerem Umfang mit in die Direktvermarktung aufnehmen. Leider ist es extrem schwierig, einen Metzger in der Region zu finden, mit dem wir das umsetzen könnten. Wir fühlen uns aber auch heute schon mit unserer örtlichen Lage, der Hofkäserei, dem Lieferservice für die Cafés, mit Hofladen und Hofgaststätte gut für die Zukunft aufgestellt.

DIALOG MILCH: Vielen Dank für diese interessanten Einblicke.

Einen Videobeitrag zur Direktvermarktung - im Dialog mit dem Kunden finden Sie hier