29. Juli 2021

© Anke Rolfes

Wandel der Rinderzucht in Deutschland

Die Zuchtziele in der Rinderzucht haben sich in den vergangenen Jahrzehnten von einer starken Ausrichtung auf einzelne Leistungsmerkmale wie Milchleistung oder Fleischansatz hin zu ausgewogenen Zuchtzielen weiterentwickelt. Neben der Leistung und der Tiergesundheit rücken dabei zunehmend auch ökologische Parameter in den Blick. Einen historischen Hintergrund der Haltung und Zucht und wie sich Rassen unterscheiden geben die Artikel Rinder als Nutztiere – eine lange Geschichte!“ und „Galloway, Charolais und Holstein – wie unterscheiden sich die Rinderrassen?“.

Für die milchbetonten Rassen wie schwarzbunte Deutsche Holsteins und rotbunte Red Holsteins machen gerade Fitness-Merkmale wie die Gesundheit von Kuh und Kalb, Langlebigkeit, Fruchtbarkeit und leichte Kalbeverläufe einen größeren Teil am Gesamtzuchtziel aus; auch die Milchleistung (insbesondere die Fett- und Eiweißmenge aus der Milch) spielt eine wichtige Rolle. Hierin besteht kein Widerspruch, da neben der Milchleistung auch die Fitness der Kühe die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion beeinflusst. So ist das Zuchtziel für diese Rasse darauf ausgelegt, eine möglichst hohe Lebensleistung der Kühe zu erreichen, die dabei gesund, fruchtbar und robust sind. Zukünftig sollen auch Merkmale wie Persistenz und eine gute Futterverwertung mehr in den Fokus der Zucht rücken. Eine gute Persistenz ermöglicht eine gleichmäßig hohe Milchleistung über einen langen Zeitraum, ohne dass schon nach einem Jahr ein neues Kalb geboren werden muss. Viele Kühe haben schon heute eine gute Persistenz. Für eine gezielte Zucht auf dieses Merkmal, oder auch auf Futtereffizienz, werden jedoch objektive Instrumente wie Zuchtwerte benötigt, die es ermöglichen, unabhängig von Umweltfaktoren die besten Tiere zu finden. Nur dann lassen sich Merkmale für die Nachkommen-Generation gezielt verbessern. Beide Zuchtwerte können helfen, ressourcenschonender zu wirtschaften und die Milchproduktion entsprechend umweltfreundlicher zu gestalten.

Abbildung: Zusammensetzung des Zuchtwerts RZG für die Deutschen Holsteins

Zusammenfassend heißt es in der Zuchtgeschichte der Deutschen Holsteinrinder: „Die Zuchtziele bei den Deutschen Schwarzbunten unterlagen einem stetigen Wandel und damit auch gezielten Anpassungen an die jeweils vorhandenen wirtschaftlichen Veränderungen und Verbraucherwünsche. Aktuell ist die zusätzliche konsequente Einbeziehung von Gesundheitsmerkmalen von besonderem Interesse. Zukünftig dürfte die weitere Beachtung von Umweltaspekten und des Ressourcenschutzes die Komplexität der Zuchtzielformulierung bei Deutschen Holsteins noch erweitern. Die Züchtung bleibt spannend.“

Eine Rasse, die sowohl auf eine hohe Milchleistung als auch einen guten Fleischansatz gezüchtet worden ist, ist z.B. die Rasse Deutsches Fleckvieh. Sie ist nach den Deutschen Holsteins die zweithäufigste Rasse. „Das Zuchtziel beim Deutschen Fleckvieh umfasst mittlerweile 12 Merkmale, darunter neben Milch und Fleisch vor allem Langlebigkeit, Fruchtbarkeit, Kalbeverlauf und Eutergesundheit. Zunehmend berücksichtigen wir auch direkte Gesundheitsmerkmale, wie zum Beispiel Stoffwechselstabilität, aber hier stehen wir erst am Anfang. Dabei machen diese sogenannten Fitnessmerkmale inzwischen einen höheren Anteil im Zuchtziel aus als die Milchleistung“, heißt es etwa bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.

© ASR

Stetig wird in den unterschiedlichen Milch- und Zweinutzungsrassen nach neuen Merkmalen geforscht, die das Tierwohl, den ökologischen Fußabdruck und die Wirtschaftlichkeit der Rinder verbessern. So unterliegt die Tierzucht einem fortwährenden Wandel.

Abbildung: Wichtige aktuelle und mögliche künftige Merkmale in der Milchrinderzüchtung (nach Brade und Brade, 2013, verändert)