28. März 2017

Der Anteil an Büro- und Verwaltungsarbeiten in der Landwirtschaft nimmt – nicht zuletzt aufgrund von verstärkten Auflagen und Richtlinien im Bereich Tierwohl, Klima- und Verbraucherschutz – zu.

Amos Venema, Landwirt mit Leib und Seele, gibt Einblick in den heutzutage anfallenden Bürokratieaufwand seines Milchviehbetriebs in Jemgum bei Leer. Seiner Meinung nach sei ein gewisser Grad an Dokumentation wichtig und richtig, jedoch bleibe zu bedenken, so der Landwirt aus Ostfriesland, ob dieser Aufwand noch im Verhältnis zu der Arbeit auf dem Hof und mit den Tieren stehe.

„Auf unseren Betrieben nimmt die Verwaltung einen immer größeren Anteil an der Arbeit ein. Die Bürokratie wird immer mehr zu einem Zeitkiller. Ich habe einmal versucht in der nachfolgenden Tabelle einige Aspekte zu sammeln, um einen Einblick in unsere Büroarbeit zu geben, die wir machen müssen, um den Auflagen und Vorgaben des Gesetzgebers bzw. unserer Molkerei gerecht zu werden.“

„Wir sind transparent …“

„Die Politik fordert immer mehr Bürokratie und vergisst dabei, dass dieser Auflagenboom auch Unmengen an Arbeit nach sich zieht, die geleistet werden muss. Diese Arbeit wird mehr und mehr die Arbeit von Fachkräften, die nur größere Betriebe bezahlen können. Alleine diese Entwicklung bestätigt einmal mehr, dass jede Gesetzesverschärfung und jede weitere Auflage den Strukturwandel nur beschleunigen. Immer mehr unproduktive Arbeit, also die Verwaltung, muss durch die laufende Produktion verdient werden. Jede neue Regierung will den Bürokratieabbau – doch daran sind bislang alle kläglich gescheitert. Die Dokumentationen werden immer mehr und komplexer und zudem auch noch vernetzter.

Um die nachhaltige Landwirtschaft nachzuweisen, ist eine gewisse Datenerfassung sehr wichtig. Davon bin ich auch sehr überzeugt. Ohne Daten lassen sich die Qualität und der Aufwand, den wir leisten, gegenüber dem Verbraucher nicht klar darstellen.

Meinem Opa genügte 1940 ein Schuhkarton, meine Eltern sind 1968 mit zehn Aktenordnern gestartet und mein Bruder und ich haben mittlerweile eine ganze Regalwand mit Ordnern … und kein Ende in Sicht! Brauchen wir das alles wirklich?“

Aufbewahrungsfristen im landwirtschaftlichen Betrieb

Aufzubewahren sind u.a. Dauer
Buchführung: Steuerliche Buchungsbelege mit Kontoauszügen, steuerliche Aufzeichnungen, Inventarverzeichnisse, Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen, Ein- und Ausgangsrechnungen 10 Jahre
Agrardiesel: Bescheide, Buchführungsbelege 10 Jahre
De-minimis-Bescheinigungen

De minimis = Zuschüsse der EU an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in geringem Umfang

10 Jahre
Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit
Untersuchungsergebnisse von Tieren, tierischen Erzeugnissen (wie z.B. Milch), Futtermitteln, Pflanzen, pflanzlichen Erzeugnissen, Verwendungsnachweise GVO-Saat- bzw. Pflanzgut, Rechnungen und Kaufbelege für Pflanzenschutzmittel, Biozide (z.B. Rattengift)

(GVO = Gentechnisch veränderter Organismus)

3 – 5 Jahre
Rückverfolgbarkeit
Lieferscheine/Verkaufsbelege von Tieren (z.B. Kennzeichnung), Futtermitteln, Zusatzstoffen (z.B. Lieferschein, Sackanhänger), Lebensmitteln wie Milch, Getreide, Eier 5 Jahre
Pflanzenbau
Aufzeichnungen über Aufnahme oder Abgabe von Gülle oder Biogassubstrat (Lieferscheine, Deklarationsbescheinigung) 3 Jahre
Aufzeichnungen Beizungen, Biozide, Pflanzenschutzanwendungen 3 Jahre
Prüfprotokolle Pflanzenschutzmittelspritze 5 Jahre
Humusbilanz 5 Jahre
Düngung: Nährstoffvergleiche, Bodenproben, Nmin-Werte, Richt- bzw. Analysewerte Wirtschaftsdünger

(Nmin = Gehalt des Bodens an mineralisiertem Stickstoff)

7 Jahre
Bodenanalyseergebnisse für Humus und bei Klärschlammausbringung 7 Jahre
Gärsubstrate: Untersuchungsergebnisse 10 Jahre
Bioabfall-VO: Lieferscheine für Kompost und Biogasgärsubstrat, Bodenuntersuchungsergebnisse beim Einsatz 30 Jahre
Klärschlamm-VO: Lieferscheine, Analyse Klärschlamminhalt 30 Jahre
Tierhaltung
Untersuchungsergebnisse Eutergesundheit, Prüfprotokoll Melkanlage 2 Jahre
Bestandsregister Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen; Aufzeichnungen Tierverluste, Tierkörperbeseitigungsscheine 3 Jahre
Aufzeichnung Tierbestandskontrolle (z.B. Kalender) 3 Jahre
Rationsberechnungen, Mischprotokolle, Futteruntersuchungsergebnisse 3 Jahre
Bestandsuntersuchungen: Analyseergebnisse, Statusfeststellung 3 Jahre
Besamungsscheine 3 Jahre
Tierarzneimittel-Überwachung: Bestandsbuch, Anwendungs- und Abgabebelege von Arzneimitteln 5 Jahre
Milchuntersuchungen (Hemmstoffe, Keimzahl etc. – z.B. Molkereiabrechnungen) 3 Jahre
Aufzeichnungen  
GVO Freiheit Dokumentationen (Fütterung, Tierhaltung, Saatgut etc.) 5 Jahre
Agrarumweltmaßnahmen (AUM) 5 Jahre nach Ende
Milkmaster (Nachhaltigkeitsprogramm des DMK Deutsches Milchkontor) 5 Jahre
Qualitätsmanagement Milch (QM) / Qualität und Sicherheit (QS) 3 Jahre
Angaben ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Richtigkeit!