22. April 2020

Fallende Erzeugerpreise – Corona trifft auch den Milchmarkt!

Mehl, Nudeln, Fertiggerichte, Toilettenpapier… Die Corona-Krise zeigt sich auch in den Supermärkten, deren Regale zum Teil förmlich leergeräumt sind. Auch H-Milch gehört zu den Produkten, die zurzeit stärker nachgefragt werden als sonst. Und doch fällt tendenziell der Preis für die Milch am Markt – und damit auch an den sogenannten Termin- und Spotmärkten: Die Aussichten für die Milcherzeuger sind eher schlecht.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den Milchverbrauch?

Auch wenn die Verbraucher im Lebensmitteleinzelhandel aktuell deutlich mehr H-Milch und andere Milchprodukte kaufen und einlagern, kann diese erhöhte Nachfrage nicht den derzeitigen Null-Absatz an Großverbraucher wie Kantinen, Restaurants und Hotelbetriebe ausgleichen. Die Vermarktung von Milch und Milchprodukten an solche Großverbraucher macht unter normalen Bedingungen je nach Molkerei einen nicht unerheblichen Anteil an der insgesamt verarbeiteten Milchmenge aus. Dieser Absatzkanal entfällt derzeit weitestgehend.

Zudem ist der Weltmarkt stark betroffen: Der freie Warenverkehr ist zwar weiterhin gewährleistet, aber je nach Betroffenheit anderer Regionen wie beispielweise Italien oder Spanien geht dort die Nachfrage ebenfalls stark zurück. Gerade Italien ist für viele süddeutsche Molkereien ein sehr wichtiger Markt. Nachdem der Export nach Asien, insbesondere China, Corona-bedingt stockte, scheinen dort wieder erste Container abgefertigt zu werden und eine leichte Belebung in der Nachfrage einzusetzen. Mit dem einbrechenden Ölpreis ist allerdings auch die Kaufkraft in vielen weiteren wichtigen Importregionen zurückgegangen.

Sehr schwierige Situation für die Milcherzeuger weltweit

Milchbauern werden vor einem düsteren Szenario gewarnt: Bei weiter ausbleibenden Exporten von Milch und Milchprodukten ist mit deutlichen Überschüssen auf dem Milchmarkt und entsprechenden Absatzschwierigkeiten zu rechnen. Zum Teil werden die Milcherzeuger derzeit schon gebeten, weniger Milch zu erzeugen und an die Molkereien zu liefern. Das gilt in Deutschland ebenso wie etwa in Österreich, Frankreich oder England. Zugespitzt hat sich die Situation schon im US-Bundesstaat Wisconsin: Aufgrund von Absatzproblemen werden dort bereits erste Landwirte aufgefordert, Milch nicht mehr abzuliefern, sondern auf dem Feld oder in Biogasanlagen zu entsorgen. Für die betroffenen Erzeuger ist die Vernichtung eines so wertvollen Lebensmittels ein – nicht nur wirtschaftlich – äußerst schmerzlicher Schritt.

Was tun?

Einfache Lösungen gibt es nicht. Die Versorgungssicherheit für die heimische Bevölkerung erfordert eine entsprechend hohe Erzeugung. Gleichzeitig sichern in normalen Zeiten die Exporte, von denen ein großer Teil innerhalb der EU verbleibt, nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Erzeugerbetriebe, sondern auch die Versorgung der importierenden Länder.

Um das aktuelle Problem angehen und lösen zu können, sieht Karsten Schmal, Vorsitzender des Fachausschusses Milch beim Deutschen Bauernverband, eine besondere Verantwortung der Molkereien: „Hierzu gehören auch Elemente zur Milchmengenplanung und -steuerung sowie Festpreismodelle.“ Es sollten laut Schmal darüber hinaus seitens der EU aber auch Instrumente wie kurzfristige Beihilfen für Molkereien zur privaten Lagerhaltung von Milchprodukten eröffnet werden.

Eines wird auf jeden Fall offenbar: Der globale Agrarmarkt ist fragil und kann von Ereignissen wie Corona rasch und nachhaltig aus dem Tritt gebracht werden. Jetzt zeigt sich die hohe Bedeutung, die der heimischen Landwirtschaft für die sichere Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen und regional erzeugten Produkten zukommt. Gut wäre, wenn diese Erkenntnis in der Zeit nach Corona nicht wieder verloren ginge.