19. Mai 2020

Exportschlager Nachhaltigkeit?

„Made in Germany“ gilt bei Industriegütern bis heute weltweit als Qualitätsmerkmal. Auch für landwirtschaftliche Produkte und Erzeugnisse der Lebensmittelwirtschaft gibt es weltweit viel Wertschätzung. Allerdings haben die Corona-bedingten Einschränkungen und deren Auswirkung auf das Konsumverhalten derzeit deutliche Folgen für das Exportgeschäft, das für die deutsche Wirtschaft außerordentlich wichtig ist. Davon sind auch Milch und Milchprodukte betroffen.

Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hatten die Exporte der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft im Jahr 2018 einen Gesamtwert von 71,6 Milliarden Euro.

In den fruchtbaren Böden, den gemäßigten Temperaturen und ausreichenden Niederschlägen sieht das BMEL Gründe dafür, dass Deutschland als Produktionsstandort von der Natur besonders begünstigt ist. Darüber hinaus sorgten auch „technisches Know-how, qualifizierte Fachkräfte und eine gute Infrastruktur“ dafür, dass die hier erzeugten Lebens- und Futtermittel eine hohe Qualität aufwiesen und international konkurrenzfähig seien. Das gelte auch für die Milcherzeugung, die hierzulande zum Beispiel durch die klimatischen Bedingungen „insbesondere auf Grünlandstandorten an den Küsten, am Niederrhein und in den Voralpen“ begünstigt werde. Die deutsche Ernährungsindustrie sei damit trotz der im internati­onalen Vergleich recht hohen Arbeitskosten weltweit wettbewerbsfähig, so das BMEL.

Hinzu kommt, dass im nordwestdeutschen Raum große Areale nicht als Acker, sondern nur als Grünland und einzig und allein durch Milchviehhaltung ökonomisch genutzt werden können. Vielfach handelt es sich um ansonsten „benachteiligte Gebiete“, in denen Landwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.

Ausfuhren der deutschen Ernährungswirtschaft 2018, in Mrd. Euro, vorläufig geschätzt, Anteil an den Gesamtausfuhren Deutschlands im Kreis (Quelle: BVE, S. 39)


Anteile am Gesamtexport der Ernährungswirtschaft 2018, in Prozent, vorläufig (Quelle: BVE, S. 40)

Dass auch Milch und Milchprodukte aus Deutschland auf den internationalen Märkten gefragt sind, zeigt Abbildung 2. Nach Fleisch und Fleischprodukten lagen Milch und Milchprodukte auf der Export-Hitliste 2018 mit einem Anteil von 14,4 Prozent an zweiter Stelle der exportierten Agrargüter. Interessant dabei: 78,5 Prozent der gesamten Ausfuhren der deutschen Ernährungsindustrie bleiben innerhalb der EU, nur 1,5 Prozent gehen nach Afrika – die Situation bei Milch und Milchprodukten ist vergleichbar (vgl. Beitrag zu Exporten von Milch und Milchprodukten auf DIALOG MILCH).

Mehr Exporte dank nachhaltiger Produktion?

Die Bedeutung nachhaltig erzeugter Lebensmittel zeigt sich auf dem deutschen Markt nicht zuletzt an der Vielzahl von Labels und Gütesiegeln, die auf den Verpackungen der Lebensmittel zu finden sind. Die ausgewiesenen Kriterien wie Bio-Produktion, Weidegang oder Haltungsform spielen beim Export allerdings meist keine Rolle. In der Konsequenz „liefern“ landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Deutschland einen Nachhaltigkeits-Mehrwert, der in den importierenden Ländern eher selten entsprechend bezahlt wird.

Das bedeutet, dass die deutschen Agrarexporte nicht wegen, sondern eher trotz der hohen Hürden für Labels und Gütesiegel, dem strengeren rechtlichen Rahmen und den damit verbundenen Produktionskosten auf den Weltmärkten erfolgreich sind. Die verlässlich hohe Qualität und Verfügbarkeit der Agrargüter „Made in Germany“ macht es möglich.

Mehr Ressourcenschutz bei nachhaltiger Produktion!

Das BMEL kommt mit Blick auf die Nachhaltigkeit der Exporte hiesiger Agrargüter übrigens noch zu einer weiteren interessanten Einschätzung: Standards und Effizienz der Produktion seien in Deutschland und der EU sehr hoch, der entsprechende Ressourcenverbrauch dagegen vergleichsweise niedrig. Würde die Produktion in Länder außerhalb des EU-Raums verlagert, könnte dies mit einem insgesamt höheren Ressourceneinsatz, einem Anstieg unerwünschter Umweltwirkungen und so mit einem Verlust an Nachhaltigkeit einhergehen.

Das bedeutet nichts anderes, als dass sich Agrarexporte auch aus ökologischer Sicht „rechnen“.