22. Juni 2020

© Kotte Landtechnik GmbH & Co. KG

Düngeverordnung: Worauf beruht die Kritik der Bauern?

„Mit Urteil vom 21. Juni 2018 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass Deutschland die Nitrat-Richtlinie verletzt hat. Der Verstoß liege darin, dass die Bundesrepublik im September 2014 keine weiteren ‘zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkte Aktionen‘ zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus der Landwirtschaft ergriffen habe, obwohl deutlich gewesen sei, dass die bis dahin ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichten“, so das Bundeslandwirtschaftsministerium in seiner Pressemeldung vom 21.08.2019.[1]

Anstehende Verschärfung

Vor diesem Hintergrund wurde 2019 der Entwurf für eine verschärfte Düngeverordnung vorgelegt. Sie sieht eine Reihe von Maßnahmen für alle Betriebe vor. Der auf Anforderung der EU-Kommission nochmals von Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium geänderte Entwurf wurde am 27. April 2020 im Bundesrat verabschiedet. Ab dem Inkrafttreten haben die Bundesländer sechs Monate Zeit, die sogenannten „Roten Gebiete“ an die neuen Vorgaben anzupassen. Diese Gebiete werden jeweils dort ausgewiesen, wo zu hohe Nitrat- oder Phosphatgehalte im Grundwasser ausgewiesen sind.

Sollte die entsprechende Anpassung durch die Bundesländer aber nicht binnen 6 Monaten erfolgen, droht die Ausweitung der für die „Roten Gebiete“ geltenden Beschränkungen auf den gesamten betreffenden Grundwasserkörper – und damit ggf. auf ein deutlich größeres Areal, selbst wenn dort die Nitrat- und Phosphatgehalte unterhalb des geltenden Grenzwerts liegen.

Seitens der Landwirtschaft werden insbesondere Vorgaben kritisiert, die in den Roten Gebieten eine Verringerung der Düngung um 20 Prozent unter den ermittelten Düngebedarf vorsehen. Erfahrungen mit der Düngung 20 Prozent unter dem Bedarf gibt es bereits aus Dänemark. Während sich die Wasserqualität verbesserte, wirkte sich die reduzierte Düngung unterhalb des Pflanzenbedarfs negativ auf die Erträge und Qualitäten der Ackerkulturen aus. Seit 2016/17 dürfen Landwirte in Dänemark deswegen wieder pflanzenbedarfsgerecht düngen. Dort wird nun verstärkt darauf gesetzt, Maßnahmen zum Wasserschutz regional zu differenzieren.

Weiter gibt es fachliche Kritik in Bezug auf folgende Verschärfungen: Insbesondere Futterbaubetriebe kritisieren die geplante Einführung einer feldbezogenen Obergrenze für die Ausbringung von organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln in Höhe von 170 kg Gesamtstickstoff je Hektar. Es macht keinen Sinn bzw. ist nicht zulässig, diese gleichmäßig auf allen Flächen (z. B. Moorflächen) zu verteilen, da die Betriebsflächen unterschiedlich intensiv bewirtschaftet werden. Auch die geplanten pauschalen Düngeverbote zu Zwischenfrüchten, die als Gründünger genutzt werden, und zu Wintergerste in nitratsensiblen Gebieten werden fachlich kritisiert. Diese Verschärfungen leisten dem Humusabbau in den Böden Vorschub und sind klimapolitisch in keiner Weise nachvollziehbar.

Die Landwirtschaft signalisiert mit vielen fachlichen Vorschlägen ihre Bereitschaft, die Nährstoffproblematik verursachergerecht, fachlich fundiert und mit Augenmaß angehen zu wollen. Die Kritik der Bauern beruht darauf, dass berufspraktische und wissenschaftliche Erkenntnisse bisher zu wenig berücksichtigt werden. Trotz Kritik wird an Vorgaben festgehalten, mit denen politisch der Eindruck erweckt wird, dass eine vielschichtige Problematik, die sehr differenziert zu betrachten ist, mit einfachen, pauschalen Verschärfungen gelöst werden kann. Die Bauern möchten als Teil der Lösung verstanden werden. Bereits erzielte Erfolge sollen gewürdigt werden und weitere Maßnahmen sollten in Abstimmung mit den Bäuerinnen und Bauern erfolgen. Der überwiegende Anteil der Betriebe handelt bereits heute nach guter fachlicher Praxis. Vielfach beteiligen sich Betriebe auch freiwillig an Kooperationen mit der Wasserwirtschaft. Pauschales Ordnungsrecht, wie es derzeit umgesetzt werden soll, würde alle Betriebe ungeachtet ihrer bereits geleisteten Beiträge zum Gewässerschutz bestrafen oder beeinträchtigen.

[1] Gegenstand des Verfahrens war seinerzeit die alte Düngeverordnung (DüV) von 2006, nicht aber die 2017 novellierte Fassung. Allerdings sieht die Europäische Kommission auch bei der 2017 novellierten DüV noch Anpassungsbedarf.