6. September 2018

„Forum Milch NRW“ befasst sich mit der Zukunft der Milchmärkte / Volatile Preise, Verbraucherwünsche, Beziehungen in der Wertschöpfungskette und Betriebseinkommen als wichtige Faktoren / Hochkarätige Expertenrunde diskutiert Strategien

Der Umbruch der europäischen Milchmarktpolitik – weg von der Quote – hat deutliche Spuren hinterlassen. Heftige Marktreaktionen stellen Milcherzeuger, Molkereien und Politik vor große Herausforderungen. Die auch in diesem Jahr weiter sinkende Zahl der Milchviehhalter in Deutschland zeigt die Aktualität des Themas und wirft die Frage auf, wie sich die Branche zukunftsfähig aufstellen kann. Im Dialog von Politik, Wissenschaft, Milchwirtschaft und bäuerlichem Berufsstand ging es bei dem „Forum Milch NRW“ der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e. V. am 5. September in Werl deshalb um zukunftsfähige Strategien für die Milch und die Milchmärkte.

Viele Baustellen, kein Masterplan

Für den Milchmarkt gebe es nicht eine Lösung oder ein spezifisches Instrument, sondern es müsse an vielen Baustellen wie einer erhöhten privatwirtschaftlichen Vorsorge, einer Modernisierung der Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien, einer schlagkräftigeren Zusammenarbeit der Akteure in der Wertschöpfungskette und einer Erhöhung der Wertschöpfung bei den Milcherzeugern angesetzt werden, zeigte sich Dr. Bettina Hartwig vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft überzeugt.

Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, wies darauf hin, dass sich Milcherzeuger und Molkereien noch besser auf den Markt mit schwankenden Preisen einstellen müssten. Festpreismodelle oder eine neue Vertragsgestaltung, die inzwischen von einzelnen Molkereien angeboten würden, seien hier denkbare Schritte. Die Landesregierung setze sich zum Beispiel mit der Absatz- und Investitionsförderung und mit der Förderung von Agrarumwelt- und Tierschutzmaßnahmen für die Betriebe ein.

Milch sei weltweit das wertvollste Agrarprodukt geworden, habe aber einen der volatilsten Preise. Es sei zu erkennen, dass fast alle Länder dem Weltmarktpreis mit einer gewissen Verzögerung folgten, berichtete Dr. Torsten Hemme, Vorstand des International Farm Comparison Network (IFCN AG). Für ihn muss deshalb eine Vielzahl an Faktoren zusammenkommen, um ein kontinuierliches Wachstum der Milchregionen zu gewährleisten. Dafür seien wettbewerbsfähige Milchviehbetriebe eine Grundvoraussetzung.

Konzentration auf das, was beeinflussbar ist

Organisation, Kosten, Absatz, Kunden und Innovation verdienten ein besonderes Augenmerk, stellte der Geschäftsführer der DMK Deutsches Milchkontor GmbH, Ingo Müller, fest. Nur wenn es der Branche gelinge, Zukunftsszenarien gemeinsam zu erarbeiten, könnten notwendige Veränderungen herbeigeführt werden. „Was wir im eigenen Unternehmen merken und umsetzen, gilt auch für den Wandel, den die Branche dringend benötigt“, so Müller. Nur wenn man zu Themen wie Tierwohl, Lebensmittelsicherheit oder Transparenz mit einer Position gemeinsame Lösungen anbieten könne, könne man auch Teil der Lösung sein. „Ansonsten sind wir immer Teil des Problems“, so Müller.

Jeroen Elfers, Director Cooperative Affairs bei FrieslandCampina, wies darauf hin, dass die Distanz zwischen Städtern und Landwirten bzw. der landwirtschaftlichen Produktion immer größer werde. Daraus resultieren aus seiner Sicht wachsende Anforderungen an die Milcherzeuger, die in einer großen Zahl an Standards sowie vielen einzelnen Nachhaltigkeitsinitiativen erkennbar würden. Um diesen vielfältigen Anforderungen von NGOs, Händlern und Einzelhandel gerecht werden und ein gesundes finanzielles Gleichgewicht wahren zu können, müssten Volumen und Effizienz weiter steigen. Das aber mache einen einheitlichen Ansatz des gesamten milchwirtschaftlichen Sektors zu einer essenziellen Voraussetzung für eine zukunftsfähige Strategie.

Den Dialog leben und intensivieren

Wilhelm Brüggemeier, der westfälische Vorsitzende der Landesvereinigung Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen e. V. verwies vor den rund 120 Teilnehmern der Veranstaltung auf die Bedeutung des Dialogs. Der Ruf nach einem Masterplan werde immer lauter, wie dieser aber aussehen könne, darin gingen die Meinungen weit auseinander. Auch das lasse die immense Bedeutung eines Dialogs auf Augenhöhe erkennen.

Der Milchpräsident beim Deutschen Bauernverband (DBV), Karsten Schmal, verwies ebenfalls auf die notwendige Wettbewerbsfähigkeit der Branche. „Die Herausforderungen an den Milchsektor nehmen vor dem Hintergrund global vernetzter Märkte und sich verändernder Verbraucherwünsche zu. Daraus resultieren zum einen Chancen, wie eine höhere Wertschöpfung, zum anderen aber auch Risiken, wie vermehrte Preisschwankungen.“ Damit, wie auch mit den gesellschaftlichen Ansprüchen an die Milchviehhaltungen – etwa im Hinblick auf den Tier- und Umweltschutz – müsse sich die Branche in Zukunft noch intensiver auseinandersetzen.

DIALOG MILCH lebt den Dialog

Die Initiative DIALOG MILCH bietet unter www.dialog-milch.de ein Forum für Informationen, Hintergründe, Argumentationen und Diskussionen zu allen wichtigen Themen rund um Milch, Milchprodukte und die Milchwirtschaft. Die Dialoginitiative wird von den Landesvereinigungen der Milchwirtschaft in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen getragen und soll unter anderem komplexere Sachverhalte verständlich aufbereiten. Ziel ist es, bei kontrovers diskutierten Fragen unterschiedliche Argumente zu Wort kommen zu lassen, Kritisches aufzunehmen und Klischees auszuräumen.

Pressekontakt
Frank Maurer, Tel.: 02151-4111-410
Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, LV Milch NRW

Gelebter Dialog bei der Suche nach den richtigen Strategien für die Milchmärkte
(von rechts nach links: Dr. Torsten Hemme; Dr. Bettina Hartwig; Hans Leser; Hans Stöcker; Anselm Richard; Karsten Schmal; Ingo Müller; Jeroen Elvers; Dr. Rudolf Schmidt, Wilhelm Brüggemeier)

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