12. Juni 2017

Beste Bedingungen schaffen

Doris Berbecker

Auf dem Milchviehbetrieb von Familie Berbecker im nordrhein-westfälischen Halver wird die in der Praxis weit verbreitete frühe Trennung von Kuh und Kalb durchgeführt und betriebsindividuell umgesetzt. DIALOG MILCH hat dazu nachgefragt:

DIALOG MILCH: Frau Berbecker, rund 250 Kalbungen gibt es in jedem Jahr auf Ihrem Betrieb. Wie lange bleiben die Kälber bei der Kuh, und wie werden sie nach der Trennung untergebracht und versorgt?

Doris Berbecker: Wir lassen die Kälber etwa einen Tag lang bei der Kuh, in einer kleinen Gruppe mit anderen hochtragenden Kühen auf Stroh. Von dort kommen die Kälber für ca. drei Wochen in nebeneinander stehende und eingestreute Einzeliglus und danach zu fünft in eine unserer Kälber-WGs. Uns ist wichtig, dass die Kühe ihre Kälber nach der Geburt trockenlecken können. So gut könnten wir das weder mit Stroh noch mit einem Handtuch gewährleisten. Ebenso wichtig finden wir, dass die Kälber nach der Kolostral­milch, die sie in den ersten Tagen erhalten, bis zum sogenannten Abtränken nach ca. zehn Wochen mit Milch von unseren Kühen gefüttert werden. Ab dem zweiten oder dritten Tag bieten wir allerdings zusätzlich schon hochwertiges Luzerneheu und etwas Kälberkraftfutter mit Strohhäckseln an, damit sich der Verdauungstrakt entwickeln kann.

DIALOG MILCH: Welche Gründe sprechen aus Ihrer Erfahrung für die Trennung nach einem Tag?

Doris Berbecker: Nach einem Tag ist die Bindung zwischen Kuh und Kalb noch nicht so eng. Die Trennung wird von vielen Kühen unserer Erfahrung nach kaum bemerkt – und verursacht so für die Tiere auch keinen erkennbaren Stress und keine Unruhe in der Herde. Bei der späteren Trennung kann es dagegen zu Stress bei Kuh und Kalb kommen. Der Schutz der Kälber ist ein weiterer Grund: Da wir hochtragende Kühe und die Kühe nach dem Abkalben in kleinen Gruppen halten, wäre die Verletzungsgefahr für die Kälber etwa durch Treten oder Darauflegen zu groß. Daneben zählen natürlich auch arbeitswirtschaftliche Gründe und der Umstand, dass die Gewöhnung der Kälber an das Saugen am Nuckeleimer umso schwieriger wird, je länger sie vorher bei der Kuh waren. Ein ganz wesentlicher Vorteil der Einzeliglus ist aber, dass wir an jedem Tag morgens und abends verlässlich erkennen können, ob jedes Kalb genügend Milch aufgenommen hat und wie sich das Kalb entwickelt.

DIALOG MILCH: Sehen Sie auch Nachteile dieses Systems?

Doris Berbecker: Nein, Nachteile sehen wir nicht. Der Kontakt zwischen Kuh und Kalb direkt nach der Geburt gewährleistet, dass das Kalb umsorgt wird und sich der Hormonhaushalt der Kuh auf die Milchproduktion einstellt. Natürlich müssen wir uns den Kälbern bei der Trennung ruhig und vorsichtig nähern, um Angst und Unruhe zu vermeiden. Wir haben aber mit der frühen Trennung zu der Zeit, wenn die Kuh gerade am Melkroboter ist, einfach die besten Erfahrungen gemacht. Interessant ist übrigens auch: Wenn wir Besuchern unseres Betriebs erzählen, warum wir das so machen, dann stößt das durchweg auf Verständnis und Akzeptanz.

DIALOG MILCH: Wie ließe sich das bei Ihnen übliche Verfahren gegebenenfalls verbessern?

Doris Berbecker: Wir überlegen immer wieder, was wir noch besser machen können. Wir haben schon darüber nachgedacht, unsere hochtragenden Kühe für das Abkalben in Einzelboxen unterzubringen. Das lässt sich allerdings derzeit aus baulichen Gründen nicht umsetzen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Kühe nach der Trennung rasch zu der Herde zurückkommen. In der Summe gilt aus unserer Sicht, dass viele Entwicklungen in der Milchviehhaltung – und auch auf unserem Betrieb – zu mehr Tierwohl geführt haben. Wenn neue Erkenntnisse weitere Verbesserungen versprechen, dann werden wir uns mit Sicherheit auch damit beschäftigen.

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