15. Juli 2022

Milchauszahlungspreis für Milchbäuerinnen und Milchbauern ist nicht gleich Verbraucherpreis

Die Verbraucherpreise für Lebensmittel sowie Milch und Milchprodukte sind in den letzten Monaten und insbesondere seit Eintritt des Ukrainekrieges deutlich gestiegen. Während beispielsweise 250 g Butter im Preiseinstieg im Januar noch für 1,64 € zu haben waren, erhöhte sich der Preis im Mai um 0,65 € auf 2,25 €. Nicht bei allen Milchprodukten sind die Preise jedoch so deutlich angehoben worden. Überdies sind die Teuerungsraten bei Milch und Milchprodukten bisher sogar vergleichsweise moderat, wenn man sie beispielsweise mit dem Preisanstieg bei Speiseölen, Gemüse oder Fleisch vergleicht (siehe Grafik BLE).

Aber: Auch die Kosten steigen!

Anhand der Teuerungsraten ist zu erkennen, dass der Trend zu höheren Preisen nahezu alle Bereiche erfasst. Die Ursachen liegen vielfach in der Verunsicherung über die zukünftige Versorgungslage begründet. Sowohl im Energiesektor (Öl, Gas, Strom) als auch bei vielen Produkten aus der landwirtschaftlichen Urproduktion (Ge-treide, Sonnenblumen etc.) gibt es derzeit Störungen in den Lieferketten. Diese tra-ten bereits während der Coronakrise aufgrund fehlender Logistikkapazitäten in Bezug auf Frachtcontainer auf und verschärften sich mit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine (Weizenexport, Öle etc.).

Teilweise führen diese Hemmnisse zu Problemen bei einer durchgängigen Warenversorgung, zu Ausfällen in der Verarbeitungskette und damit zu steigenden Preisen von der Erzeugung über die Verarbeitung und die Logistik bis hin zum Verbraucher. Für Milch ist es beispielsweise so, dass deutsche Milcherzeuger und Milcherzeugerinnen derzeit nicht absehen können, ob die Futterversorgung in Qualität und Menge sichergestellt werden kann, weil Düngemittel und Eiweißfuttermittel knapp sind. Die Molkereien haben häufig Probleme, weil aufgrund der Störungen in den Lieferketten zeitweise wichtige Roh-, Hilfs und Betriebsstoffe wie etwa Verpackungsmaterial, Zutaten wie z. B. Speiseöle, Kräuter, Fruchtzubereitungen etc. für die Weiterverarbeitung der Milch fehlen. Auch die Logistik für den Export und die Auslieferung ist begrenzt. Viele Speditionen haben wegen hoher Dieselpreise und fehlendem Fahrpersonal ihre Kapazitäten heruntergefahren. Zudem fehlt es an Ladematerial wie z. B. Paletten und Containern. Eine Verknappung auf dem Markt führt auf jeder Stufe vom landwirtschaftlichen Betrieb über die Molkerei bis zum Handel zu höheren Kosten.

Für Karsten Schmal, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), lautet deshalb eine klare Zielvorstellung: „Sowohl in der Milcherzeugung als auch in der energieintensiven Milchverarbeitung sind derzeit hohe Kostensteigerungen festzustellen. Damit Milchbäuerinnen und Milchbauern diese Entwicklungen bewältigen können, müssen die entstandenen Mehrkosten über die Erzeugerpreise gedeckt werden. Es gilt, dies auf allen Stufen der Kette bis hin zum Verbraucher fair zu berücksichtigen.“

Marktmacht des Handels?

Durch die Marktmacht des Handels und den sehr preissensiblen deutschen Lebensmittelmarkt ist es für die vielen Molkereien nicht einfach, Preiserhöhungen zeitnah und schnell beim Einzelhandel durchzusetzen. In der aktuellen Lage erkennt der Handel mittlerweile immer deutlicher, dass die Versorgungssicherheit ihren Preis hat; in den letzten Wochen konnten die Molkereien aufgrund der für alle spürbaren Einschränkungen auch dringend erforderliche Preiserhöhungen durchsetzen. Die Landwirte müssen neue Lieferkontrakte beispielsweise für Dünger oder Futtermittel abschließen, und auch dafür sind die höheren Erlöse aus der Milcherzeugung zwingend erforderlich. Der Preisrahmen muss auf jeder Stufe jeweils nach oben angepasst werden. Eine reine Durchsetzung der Marktmacht hätte mittelfristig Auswirkungen auf die nationale Milchversorgung.

Und die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher?

Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist die Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Grundnahrungsmitteln und Energie massiv in den Fokus von Gesellschaft und Politik gerückt. Die Bereitschaft der Verbraucher, höhere Preise zu zahlen, um damit die heimische Versorgung zu stärken, ist zu einem gewissen, leistbaren Grad sicherlich höher geworden.

Abb: Umfrage zur Zahlungsbereitschaft für einen Liter Vollmilch – wenn der Aufpreis den Milchbauern zugutekommt (Statista 2022)