19. Januar 2021

Das Thema des Monats im Januar 2021:

Woher kommt das Auf und Ab der Milchpreise?

Die von den Molkereien an die Landwirte ausgezahlten Erzeugerpreise für Kuhmilch unterliegen starken Schwankungen. Und nicht nur das: Sie sind auch häufig nicht kostendeckend! Darüber hat DIALOG MILCH vor einiger Zeit bereits berichtet. Woher kommen die Schwankungen? Wovon wird der Milchpreis überhaupt bestimmt? Was bedeutet das für die Milchkuhhalter? – Und wie könnte die Situation vielleicht verbessert werden? In einer vierteiligen Serie geht DIALOG MILCH diesen Fragen nach.

Tatsache ist: Die Erzeugerpreise für Milch schwanken stark und sind zu niedrig. Tatsache ist auch: Die Zahl der Milchkuhbetriebe in Deutschland ist seit Jahrzehnten stark rückläufig, das Höfesterben in Deutschland ist Realität. Das ist eine bedenkliche Entwicklung, die vielfach die kleinen Familienbetriebe trifft – und zu der unterschiedliche Gründe beitragen. Dazu gehören fehlende Entwicklungsmöglichkeiten etwa durch die Lage des Hofs im Ort, zu wenig landwirtschaftliche Flächen oder fehlende Hofnachfolger und insbesondere eine fehlende Wirtschaftlichkeit. Dazu trägt die Erlössituation (vgl. Abb. 1) maßgeblich bei. Oft lassen sich deshalb Investitionen, die ggf. zum Überleben eines Betriebs erforderlich wären, nicht aufbringen. Vielfach löst verschärftes Ordnungsrecht im Umwelt und Tierschutzbereich nichtproduktive Investitionen aus. Gerade kleine Betriebe, die keine Perspektive auf Refinanzierung über ihre Milcherlöse sehen, steigen deshalb aus der Produktion aus.

Abbildung 1: Auszahlungspreis von Kuhmilch in Deutschland von September 2018 bis September 2020 (Quelle: Statista)

Große Schwankungen, geringe Flexibilität
In einem Überblick zu der Situation am deutschen Milchmarkt stellt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fest, dass sich sowohl die Entwicklungen auf dem EU- als auch auf dem Weltmarkt auf die Preise auswirken, die von deutschen Molkereien an die Landwirte ausgezahlt werden. In der vergleichsweise kurzen Zeit von 2015/16 bis 2017 war mit dem niedrigsten Auszahlungspreis von 22,8 Cent/kg und dem höchsten Auszahlungspreis von 38,98 Cent/kg im bundesweiten Durchschnitt eine enorme Schwankungsbreite zu beobachten.

Ein Problem des Milchmarkts zeigt sich laut Thünen Working Paper 118 in dem „trägen Angebot“: Aufgrund des Produktionsverfahrens mit lebenden Tieren kann die Milcherzeugung – anders als eine industrielle Fertigung – nicht einfach ein- oder ausgeschaltet werden. Weiterhin kann über die Fütterung nur begrenzt Einfluss auf die Milchmenge genommen werden, ohne die Gesundheit der Tiere zu schädigen. Eine größere Mengenreduzierung würde sich nur durch den Verkauf und die nachfolgende Schlachtung von Kühen erzielen lassen. Die „preissensible Nachfrage“ wird als weiterer Grund für die extremen Schwankungen auf dem Milchmarkt benannt: „Steigen die Preise, sinkt die Nachfrage.“ Je größer der Preisanstieg sei, desto stärker sei auch der Rückgang der Nachfrage, und dies begünstige, „dass das Angebot und die Nachfrage auf dem Milchmarkt manchmal weit auseinander liegen können.“ Als drittes werden externe Effekte benannt, die „nicht durch die Akteure des Milchmarkts beeinflusst werden können“.

So spielt beispielsweise das 2014 von Russland verhängte und erst kürzlich bis 2021 verlängerte Embargo Russlands u. a. gegen Milchprodukte aus Deutschland eine große Rolle. Die Produktion in Russland wurde inzwischen so stark ausgeweitet, dass Experten dort kaum noch Vermarktungschancen für Milch aus Europa sehen, selbst wenn das Embargo auslaufen sollte. Wie sich der nun vollzogene Brexit und die Corona-Pandemie weiter auf den Milchmarkt auswirken werden, bleibt abzuwarten. Noch im Oktober 2020 berichtete agrarheute über die Einschätzung des Milchindustrieverbands, dass sich die Preise für Milch und Milchprodukte – trotz des insgesamt relativ schwierigen Umfelds – einigermaßen stabil entwickelten.

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